Wenn der Dolmetscher notiert…

Man könnte meinen, es sei eine Art Geheimsprache oder Hieroglyphen: Dabei handelt es sich „nur“ um die Dolmetschnotizen. Nicht selten kann es bei einem Dolmetscheinsatz passieren, dass die Anwesenden mit neugierigen Blicken dem Stift des Dolmetschers folgen und anschließend fragen: „Was genau haben Sie da eigentlich notiert?"

Die Notizen der Dolmetscher sind keineswegs Stenographie! Dolmetscher verwenden eine besondere Notizentechnik, die vor allem bei kurzen und feierlichen Konsekutiveinsätzen verwendet wird. Dabei spricht zunächst der Redner, während der Dolmetscher notiert. Anschließend tritt dieser ans Pult und gibt das eben Gehörte in einer anderen Sprache wieder.

Um die Originalrede zeitversetzt in eine andere Sprache übertragen zu können, greifen wir Dolmetscher auf die Notizentechnik zurück, eine Methode, die uns als Gedächtnisstütze dient.  Im Unterschied zur Stenografie notieren wir dabei die Sinnzusammenhänge, Struktur, Eigennamen und Zahlen einer Rede, nicht aber jedes einzelne Wort! Dabei wird mit Hilfe von Symbolen möglichst sprachunabhängig notiert. Und genau deshalb haben Dolmetschnotizen immer etwas Geheimnisvolles an sich. Hinter dem auf den ersten Blick mysteriös wirkenden Gekritzel verbirgt sich jedoch eine klare Struktur: Jeder professionelle Dolmetscher beherrscht ein Notationssystem, das er sich zu eigen gemacht hat. Die notwendigen Zutaten sind Training, Analysefähigkeit und Hörverständnis und vor allem ein ausgezeichnetes Gedächtnis.

Tatsächlich gelingt es dem Dolmetscher dank seines Gedächtnisses und mithilfe seiner Notizen, eine ganze Tischrede oder Eröffnungsansprache wiederzugeben. Wenn es also wieder einmal so weit ist, sind beim Konsekutiveinsatz die Ohren des Dolmetschers gespitzt und Block und Stift gezückt!

zurück