Hinter den Kulissen: Übung macht den Meister

Wir werden oft gefragt, wie wir es eigentlich schaffen, in unseren Sprachen fit zu bleiben. In gewisser Hinsicht fordert der Beruf des Dolmetschers Durchhaltevermögen - genauso wie bei Athleten, Musikern oder Tänzern.

Um ausgezeichnete Dienstleistungen anbieten zu können, müssen Dolmetscher immer das Weltgeschehen verfolgen und auf dem aktuellen Stand sein, sich kontinuierlich in den eigenen Arbeitssprachen weiterbilden (in unserem Fall gilt das für Italienisch, Englisch und Deutsch) und sich in den Dolmetschtechniken üben. Für uns macht genau das den Beruf aus.

In diesem Beitrag werden wir uns den Methoden widmen, mit denen wir regelmäßig unsere Arbeitssprachen pflegen:

1. Presseschau mehrsprachig. Eine hervorragende Methode, den eigenen Wortschatz parallel in allen Arbeitssprachen auf dem neuesten Stand zu halten, ist das Lesen von Zeitungsartikeln zum selben Thema in unterschiedlichen Sprachen - gemeint sind die sogenannten Paralleltexte. Mit dieser Methode lernen wir nicht nur, wie ein und dasselbe Thema oder Konzept in den unterschiedlichen Sprachen ausgedrückt wird, sondern auch, die zum Teil sehr unterschiedlichen landestypischen Perspektiven auf dasselbe Ereignis zu erfassen...

Hier ein Beispiel dazu: aktuelle Artikel zur Rede von Christine Lagarde beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf Deutsch, Italienisch und Englisch; alle zum selben Thema, aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Wenn man weniger Zeit zur Recherche hat, kann man sich natürlich mit der sehr guten Ressource voxeurop behelfen. Auf dieser Website werden Originalartikel aus den renommiertesten europäischen Tageszeitungen mit ihren Übersetzungen veröffentlicht.

2. Podcasts - eine wahre Schatzkiste. Natürlich sind Podcasts nichts Neues. Sowohl Dolmetschstudenten als auch etablierte Konferenzdolmetscher schwören längst auf das Hören von Podcasts in den eigenen Arbeitssprachen. Auch für uns hat sich diese Methode wirklich bewährt. Sei es, um das Hörverstehen zu trainieren und auf dem aktuellen Stand zu bleiben, sei es für die gezielte Vorbereitung auf eine Konferenz.Ich persönlich (Giulia Tramonti) interessiere mich aus Leidenschaft und wegen meines Berufs für politische, wirtschaftliche und kulturelle Themen und kann einige Radiosendungen empfehlen, die ich gerne für unterwegs herunterlade. Im Italienischen wären da Pagina 3 von Radio 3, sozusagen die kulturelle Presseschau der italienischen Tageszeitungen, und Focus Economia von Radio 24 mit Schwerpunkt auf Wirtschaft und Finanzen. Unter den deutschen Podcasts höre ich gerne Wirtschaft und Gesellschaft von Deutschlandfunk und SWR2 Kontext vom SWR. Bei den englischen Podcasts hat man eher die Qual der Wahl und so beschränke ich mich hier auf einen britischen und einen US-amerikanischen Podcast: Analysis von BBC 4 und Planet Money von NPR.

3. Neugier (alias „Die Notizbuch- Methode"). Das Verhängnisvolle und zugleich Großartige an unserem Beruf ist die Notwendigkeit der stetigen Übung und Weiterbildung. Es bedarf also einem großen Maß an Neugier - banaler ausgedrückt, man muss immer ein Notizbuch griffbereit haben, um sich all die neuen oder in Vergessenheit geratenen sprachlichen Eigenheiten und Kuriositäten zu notieren, denen wir tagtäglich begegnen. Sie können sich vorstellen, dass unendlich viel Situationen Anlass dazu geben: Filme (mehr oder weniger spannend), der berüchtigte langweilige Banktermin, aber auch ein brillanter Sportkommentator beim Tennisspiel, das man gerade verfolgt. An Gelegenheiten für jemanden, der auch noch wie ich im Ausland lebt, wird es nie mangeln...

Wichtig ist also auch, dass man den Stift auch aus der Hand legen und entspannen kann. Denn auch wenn die Sprache mit geradezu jedem Moment im Leben in Berührung kommt, so kann man doch nicht aus allem eine Wissenschaft machen!

Vor einigen Jahren hatten wir die Ehre, unsere Stimme dem deutschen Philosophen Prof. Dr. Peter Sloterdijk zu leihen. Denkanstoß zu diesem Symposium war sein Buch „Du musst dein Leben ändern". Während der Lektüre des Buches zur Vorbereitung auf den Einsatz, haben wir uns in den von ihm beschriebenen Athleten, Yogis oder auch Pizzabäckern wiedererkannt, die sich kontinuierlich ihren Übungen hingeben, um ihre „Leistung" stetig zu verbessern. Vielleicht haben wir genau deshalb jenen Dolmetscheinsatz besonders geschätzt...

Mehr dazu aber vielleicht ein anderes Mal!

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